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Reisezeiten mit einem interstellaren Raumschiff
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Nach den Gesetzen der speziellen Relativitätstheorie wäre es für einen Raumfahrer während seines Lebens tatsächlich möglich, selbst die entferntesten
Galaxien zu erreichen. Dazu müsste sein Raumschiff in der Lage sein, auf der ersten Hälfte der Reise mit einer konstanten Beschleunigung von
9,81 m/sec2 zu beschleunigen und auf der zweiten Hälfte der Reise in gleicher Weise wieder abzubremsen. Die Beschleunigung und Abbremsung
würden dann im Raumschiff eine künstliche Schwerkraft erzeugen, die den Bedingungen auf der Erdoberfläche entspräche. Der Raumfahrer hätte im Raumschiff
also das gleiche Gewicht wie auf der Erde.
Die technischen Schwierigkeiten z.B. für den Antrieb, die Energieversorgung und für den Schutzschild gegen interplanetaren und interstellaren Staub
sind aber so groß, dass man vermutlich nie auf diese Weise Reisen jenseits unseres Sonnensystems wird unternehmen können
(siehe auch: Möglichkeiten und Grenzen bemannter Raumfahrt).
Aus diesen und anderen Gründen halte ich es auch für praktisch unmöglich, dass intelligente außerirdische Lebewesen uns mit Raumschiffen jemals erreichen können
(siehe auch: Außerirdisches Leben in unserer Milchstraße).
Trotzdem ist es interessant, sich klarzumachen, in welchen Zeiten und mit welchen Geschwindigkeiten der Raumfahrer welche Entfernungen überwinden
könnte. Nach der speziellen Relativitätstheorie von Einstein verläuft die Zeit im Raumschiff im Vergleich zur Erde umso langsamer, je länger das
Raumschiff beschleunigt wird. Dadurch könnte ein Raumfahrer während seines Lebens tatsächlich sehr weit entfernte Ziele erreichen. Allerdings wäre
bei seiner Rückkehr unter Umständen auf der Erde schon so viel Zeit vergangen, dass er keine ihm bekannte Person, eventuell sogar nicht einmal
mehr Menschen dort antreffen würde. Es könnte sogar sein, dass nicht einmal mehr die Erde existieren würde.
Die folgende Tabelle enthält die Reisezeiten des Raumfahrers, die auf der Erde vergangenen Zeiten und die Höchstgeschwindigkeiten des Raumschiffs
für verschiedene Reiseentfernungen (Formeln am Ende der Seite).
Dabei ist ein Lichtjahr die Strecke, die das Licht mit seiner Geschwindigkeit von c = 299.792,458 km/s in einem Jahr zurücklegt.
Die Länge dieser Strecke beträgt etwa 9,46 Billionen km.
Entfernung | Reisezeit | vergangene Zeit | Höchstgeschwindigkeit | |
von der Erde | für Raumfahrer | für Erdbewohner | des Raumschiffs | |
1 Milliarde km | 7,39 Tage | 7,39 Tage | 3132 km/s | |
10 Milliarden km | 23,4 Tage | 23,4 Tage | 9900 km/s | |
100 Milliarden km | 73,9 Tage | 74,0 Tage | 31 193 km/s | |
1 Billion km | 0,64 Jahre | 0,65 Jahre | 95 193 km/s | |
1 Lichtjahr | 1,89 Jahre | 2,21 Jahre | 225 357 km/s | |
10 Lichtjahre | 4,85 Jahre | 11,8 Jahre | 295 820 km/s | |
100 Lichtjahre | 9,02 Jahre | 102 Jahre | 299 738 km/s | |
1000 Lichtjahre | 13,4 Jahre | 1002 Jahre | 299 791,9 km/s | |
10 000 Lichtjahre | 17,9 Jahre | 10 002 Jahre | 299 792,452 km/s | |
100 000 Lichtjahre | 22,3 Jahre | 100 002 Jahre | 299 792,458 km/s (fast) | |
1 Million Lichtjahre | 26,8 Jahre | 1 000 002 Jahre | 299 792,458 km/s (fast) | |
10 Millionen Lichtjahre | 31,3 Jahre | 10 000 002 Jahre | 299 792,458 km/s (fast) | |
100 Millionen Lichtjahre | 35,7 Jahre | 100 000 002 Jahre | 299 792,458 km/s (fast) | |
1 Milliarde Lichtjahre | 40,2 Jahre | 1 000 000 002 Jahre | 299 792,458 km/s (fast) | |
10 Milliarden Lichtjahre | 44,7 Jahre | 10 000 000 002 Jahre | 299 792,458 km/s (fast) |
Die zweite Tabelle enthält wieder Reiseentfernungen, Reisezeiten und Höchstgeschwindigkeiten, aber diesmal für eine Reihe von
bekannten kosmischen Zielen:
Reise von | Entfernung | Reisezeit | vergangene Zeit | Höchstgeschwindigkeit |
der Erde zum | von der Erde | für Raumfahrer | für Erdbewohner | des Raumschiffs |
Erdmond | 384000 km | 3,48 Stunden | 3,48 Stunden | 61,4 km/s |
Venus | 39 Millionen km (minimal) | 1,46 Tage | 1,46 Tage | 619 km/s |
Mars | 55 Millionen km (minimal) | 1,73 Tage | 1,73 Tage | 735 km/s |
Merkur | 92 Millionen km (minimal) | 2,24 Tage | 2,24 Tage | 950 km/s |
Jupiter | 590 Millionen km (minimal) | 5,68 Tage | 5,68 Tage | 2406 km/s |
Saturn | 1,20 Milliarden km (minimal) | 8,10 Tage | 8,10 Tage | 3431 km/s |
Uranus | 2,59 Milliarden km (minimal) | 11,9 Tage | 11,9 Tage | 5040 km/s |
Neptun | 4,31 Milliarden km (minimal) | 15,3 Tage | 15,3 Tage | 6501 km/s |
Proxima Centauri (Sternbild Zentaur) | 4,24 Lichtjahre | 3,54 Jahre | 5,87 Jahre | 284 673 km/s |
Alpha Centauri (Sternbild Zentaur) | 4,36 Lichtjahre | 3,58 Jahre | 5,99 Jahre | 285 259 km/s |
Sirius (Sternbild Großer Hund) | 8,6 Lichtjahre | 4,61 Jahre | 10,4 Jahre | 294 684 km/s |
Epsilon Eridani* (Sternbild Eridanus) | 10,5 Lichtjahre | 4,93 Jahre | 12,3 Jahre | 296 135 km/s |
Tau Ceti* (Sternbild Walfisch) | 11,9 Lichtjahre | 5,14 Jahre | 13,7 Jahre | 296 841 km/s |
40 Eridani A* (Sternbild Eridanus) | 16,5 Lichtjahre | 5,70 Jahre | 18,3 Jahre | 298 134 km/s |
Wega (Sternbild Leier) | 25 Lichtjahre | 6,44 Jahre | 26,9 Jahre | 299 017 km/s |
Arktur (Sternbild Bootes) | 37 Lichtjahre | 7,15 Jahre | 38,9 Jahre | 299 421 km/s |
Aldebaran (Sternbild Stier) | 67 Lichtjahre | 8,26 Jahre | 68,9 Jahre | 299 674 km/s |
Dubhe (im Großen Wagen) | 124 Lichtjahre | 9,43 Jahre | 126 Jahre | 299 757 km/s |
Plejaden (Siebengestirn) | 370 Lichtjahre | 11,5 Jahre | 372 Jahre | 299 788 km/s |
Polarstern (im Kleinen Wagen) | 430 Lichtjahre | 11,8 Jahre | 432 Jahre | 299 789 km/s |
Beteigeuze (Sternbild Orion) | 640 Lichtjahre | 12,6 Jahre | 602 Jahre | 299 791 km/s |
Rigel (Sternbild Orion) | 800 Lichtjahre | 13,0 Jahre | 802 Jahre | 299 791,6 km/s |
Deneb (Sternbild Schwan) | 1500 Lichtjahre | 14,2 Jahre | 1502 Jahre | 299 792,2 km/s |
Zentrum der Milchstraße | 26 000 Lichtjahre | 19,8 Jahre | 26 002 Jahre | 299 792,457 km/s |
Große Magellansche Wolke | 160 000 Lichtjahre | 23,3 Jahre | 160 002 Jahre | 299 792,458 km/s (fast) |
Andromeda-Galaxie (M31) | 2,6 Millionen Lichtjahre | 28,7 Jahre | 2 600 002 Jahre | 299 792,458 km/s (fast) |
Feuerrad-Galaxie (M101) | 27 Millionen Lichtjahre | 33,2 Jahre | 27 000 002 Jahre | 299 792,458 km/s (fast) |
Spiralgalaxie NGC 1232 | 85 Millionen Lichtjahre | 35,4 Jahre | 85 000 002 Jahre | 299 792,458 km/s (fast) |
Rand des beobachtbaren Universums | 46 Milliarden Lichtjahre** | 47,6 Jahre | 46 000 000 002 Jahre | 299 792,458 km/s (fast) |
* sonnenähnlicher Stern | ||||
** Die Entfernung ergibt sich durch | ||||
die Ausdehnung des Raumes, wobei | ||||
die Ausdehnungsgeschwindigkeit | ||||
des Raumes nicht durch die | ||||
Lichtgeschwindigkeit begrenzt | ||||
wird, im Gegensatz zur Bewegung | ||||
von Objekten im Raum. |
Aus den Tabellen kann man entnehmen, dass der Raumfahrer während seines Lebens rein theoretisch jedes bekannte Objekt des Universums erreichen könnte.
Allerdings gelten die Reisezeiten nur für ein Universum, dass sich nicht ausdehnt. Da aber unser Universum expandiert, sind die Ergebnisse für
Reiseentfernungen von mehreren Milliarden Lichtjahren nicht mehr exakt. Außerdem existieren eventuell die Reiseziele bei der Ankunft gar nicht mehr,
weil wir momentan diese Ziele so sehen, wie sie in der Vergangenheit aussahen, als das entsprechende Licht dort abgestrahlt wurde.
Die eben beschriebenen Reisen sind nach dem Kenntnisstand der Physik wenigstens theoretisch möglich. Dafür bräuchte man allerdings einen Photonen-Antrieb,
bei dem die Photonen durch Fusion von Materie und Antimaterie erzeugt würden, wobei die Antimaterie erst unter gigantischem Energieaufwand hergestellt werden
müsste.
Dagegen sind Reisen durch Wurmlöcher oder Reisen mit Warp-Antrieb nach dem Kenntnisstand der Physik nicht möglich. Hierfür würde man nämlich eine
hypothetische Materieform (Materie mit negativer Masse) benötigen, die man bisher nicht entdeckt hat und die vermutlich auch gar nicht existiert.
Mit positiver und negativer Masse müsste man dann die Raumzeit so krümmen, dass entweder Wurmlöcher oder Warp-Blasen entstehen. Mit den Wurmlöchern
müsste man dann eine Abkürzung zum Reiseziel herstellen und mit überlichtschnellen Warp-Blasen Raumschiffe zum Ziel transportieren. Im Gegensatz zur
Materie im Raum gibt es nämlich für den Raum selbst keine maximale Geschwindigkeit.
Um zu zeigen, dass selbst eine Photonen-Rakete mit Materie und Antimaterie als Treibstoff nichts mit der Realität zu tun hat, wähle ich als Beispiel die oben
erwähnte Reise zum nur 25 Lichtjahre entfernten Fixstern Wega. Die Rakete würde bei einer Beschleunigung, die der Erdbeschleunigung entspricht, 99,74% der
Lichtgeschwindigkeit erreichen. Das eigentliche Raumschiff, also die Nutzlast, soll eine Masse von nur 100 000 Tonnen haben (u.a. für Sauerstoff, Wasser und Nahrung,
für Maschinen zur Versorgung mit Energie, für die Abschirmung gegen kosmische Strahlung, und für Maschinen, die am Zielort das langfristige Überleben ermöglichen).
Selbst wenn man die Masse für das Photonen-Triebwerk (Triebwerksstrahlgeschwindigkeit = c) und die Treibstoffbehälter nicht berücksichtigt, benötigt man
für die Abbremsung nach der relativistischen Raketenformel etwa 2,77 Millionen Tonnen an Treibstoff (50% Materie und 50 % Antimaterie):
Endmasse / Anfangsmasse = ((1 - Endgeschwindigkeit / c) / (1 + Endgeschwindigkeit / c))c/(2·Triebwerksstrahlgeschwindigkeit)
Für die Beschleunigungsphase muss man diese Teibstoffmenge zur Nutzlast von 0,1 Millionen Tonnen hinzurechnen. Um diese 2,87 Millionen Tonnen zu beschleunigen,
braucht man eine weitere Teibstoffmenge von 79,5 Millionen Tonnen. Insgesamt sind das also etwa 82,3 Millionen Tonnen Treibstoff. Dieser Treibstoff enthält
eine Energie von etwa 7,4 Quadrilliarden Joule. Nur dieses eine Raumschiff benötigt demnach eine Energiemenge, mit der die Menschheit beim gegenwärtigen
Energieverbrauch (600 Trillionen Joule pro Jahr) mehr als 12 Millionen Jahre versorgt werden könnte. Und natürlich ermöglicht dieses Raumschiff keine Rückkehr
zur Erde.
Wenn man sich dann noch klarmacht, dass es für Antimaterie keine Lagerstätten gibt wie für Kohle oder Uran, sondern dass man die Antimaterie erst künstlich
mit Hilfe einer riesigen zusätzlichen Energiemenge herstellen muss, dass außerdem kein Mensch weiß, wie man Antimaterie sicher in einer Rakete
transportieren kann, und dass schließlich kein Mensch eine Idee hat, wie ein entsprechendes Triebwerk aussehen könnte, bekommt man eine Ahnung davon,
dass eine bemannte interstellare Raumfahrt wohl für immer eine Fiktion bleiben wird.
Was wäre denn in sehr ferner Zukunft gerade noch realistisch? Eine unbemannte Erkundungsmission zum nächsten Exoplaneten (Proxima Centauri b)
in einer Entfernung von 4,24 Lichtjahren? Selbst wenn man nur eine Nutzlast von 20 Tonnen für die Landekaspseln mit den Erkundungs-Robotern annimmt,
muss man realistischerweise von einer Gesamtmasse des Raumschiffs von 200 000 Tonnen ausgehen, um mit einem Kernfusionsantrieb in etwa 50 Jahren
den Exoplaneten erreichen zu können. Als Brennstoff kommt hierfür nur schwerer Wasserstoff (Deuterium) und Helium-3 infrage. Etwa 100 000 Tonnen
der Gesamtmasse dürften dabei auf das Helium-3 entfallen. Da es auf der Erde keine nennenswerten Vorkommen an Helium-3 gibt, müsste man auf die
Vorkommen des Mondes zurückgreifen, die auf maximal 1 Million Tonnen geschätzt werden. Ein einziger Flug würde also mindestens 10% der gesamten
Mondvorräte verbrauchen. Ob das realistisch ist, möge der Leser selbst beurteilen. Bleibt noch zu erwähnen, dass auch eine solche Mission
ein Vielfaches des gegenwärtigen Jahresenergieverbrauchs der Menschheit verschlingt.
Für die mathematisch Interessierten kommen jetzt noch die Formeln, mit denen man die auf der Erde und die im Raumschiff
vergangene Zeit in Abhängigkeit von der Entfernung zum Reiseziel berechnen kann:
tr = c / br · arccosh(xe · br / c2 + 1)
te = c / br · √((xe · br / c2 + 1)2 – 1)
In den Formeln ist xe die Entfernung des Raumschiffs von der Erde, te die auf der Erde und
tr die im Raumschiff verflossene Zeit. br bezeichnet die konstante Beschleunigung, mit der
das Raumschiff seine Geschwindigkeit erhöht, und c = 299 792 458 m/s ist die Lichtgeschwindigkeit. Für die obigen Tabellen wurde
für br die Erdbeschleunigung angenommen:
br = 9,81 m/sec2
Zur Berechnung ist noch wichtig, für xe die halbe Entfernung zum Reiseziel einzusetzen, weil die Reise
ja aus einer Beschleunigungsphase und einer dazu symmetrischen Bremsphase besteht. Das berechnete te
oder tr muss dann natürlich verdoppelt werden, um die gewünschten Reisezeiten zu erhalten.
Ist xe klein, gehen die relativistischen Formeln in die klassischen Formeln über:
tr = c / br · ln(xe · br / c2 + 1
+ √((xe · br / c2 + 1)2 – 1))
= c / br · ln(1 + √(2 · xe · br / c2))
= c / br · √(2 · xe · br / c2)
= √(2 · xe / br)
te = c / br · √((2 · xe · br / c2 + 1) – 1)
= c / br · √(2 · xe · br / c2)
= √(2 · xe / br)
Für Berechnung der Geschwindigkeit v am Ende der Beschleunigungsphase gilt schließlich die Formel:
v = br · te / √((br · te / c)2 + 1)
Ist der Ausdruck br · te klein gegen c, so erhält man die klassische Formel:
v = br · te
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